Die Bewegung des magnetischen Nordpols der Erde sorgte in den vergangenen Jahrzehnten für Erstaunen und bietet Wissenschaftlern weiterhin ein faszinierendes Forschungsfeld. Zunehmend tritt die Frage in den Vordergrund, ob dieses Phänomen mit der aktuellen Häufung seismischer Aktivitäten und ungewöhnlicher Vulkanausbrüche in Verbindung steht.
Der rasende magnetische Nordpol
Seit der Entdeckung des magnetischen Nordpols 1831 durch James Clark Ross ist bekannt, dass dieser Punkt nicht statisch ist, sondern wandert. Gegenwärtig erleben wir jedoch eine beispiellos schnelle Bewegung dieses Pols. In den 1990er Jahren beschleunigte sich seine Wanderung von gemächlichen 15 Kilometern pro Jahr auf beachtliche 55 Kilometer jährlich. Der magnetische Nordpol bewegt sich nun in Richtung Sibirien; eine Bewegung, die erst kürzlich eine Verlangsamung auf etwa 40 Kilometer pro Jahr erfuhr. William Brown vom British Geological Survey beschreibt dies als „die größte Verlangsamung der Geschwindigkeit, die wir je gesehen haben“.
Die Bedeutung des Magnetfelds
Das Erdmagnetfeld ist nicht nur eine Navigationshilfe für Kompasse, sondern fungiert als Schutzschild gegen kosmische Strahlung und Sonnenwinde. Dies ist essenziell für das Überleben auf unserem Planeten. Im Gegensatz zum geografischen Nordpol, der einen fixen Punkt darstellt, beschreibt der magnetische Nordpol die Stelle, an der die Magnetfeldlinien der Erde senkrecht in den Boden eintauchen.
Die Bewegungen des magnetischen Nordpols verdeutlichen, dass im Erdinneren dynamische Prozesse im Gange sind. Diese Prozesse, bekannt als Geodynamo, finden im äußeren Kern der Erde statt, wo geschmolzenes Eisen und Nickel durch Rotation elektrische Ströme erzeugen, die das Magnetfeld hervorbringen.
Auf dem Weg zu einer Polumkehr?
Eine beunruhigende Tatsache ist die schrittweise Schwächung des Erdmagnetfelds. In den letzten 200 Jahren hat es etwa 9 % seiner Stärke verloren, wobei die Stärke des Feldes in Kanada abnimmt, während sie in Richtung Sibirien zunimmt. Einige Wissenschaftler spekulieren, dass dies Anzeichen für eine bevorstehende Polumkehr sein könnten, bei der sich magnetische Nord- und Südpole vertauschen. Diese Polumkehrungen sind in der Erdgeschichte nicht ungewöhnlich und treten im Durchschnitt alle paar hunderttausend Jahre auf. Die letzte fand vor etwa 780.000 Jahren statt, was nach geologischen Maßstäben bedeutet, dass wir dafür „überfällig“ sind. Eine solche Umkehr würde sich jedoch über Tausende von Jahren hinziehen, sodass keine unmittelbare Panik nötig ist.
Erdbeben und Vulkane: Keine Korrelation mit dem Magnetfeld
Trotz der Faszination des wandernden magnetischen Pols zeigen wissenschaftliche Beweise keinen Zusammenhang zwischen dieser Bewegung und der Zunahme von Erdbeben- und Vulkanaktivitäten. Erdbeben entstehen durch tektonische Spannungen in der Erdkruste, während das Magnetfeld durch Strömungen im flüssigen äußeren Erdkern erzeugt wird – zwei Prozesse auf unterschiedlichen Tiefenebenen der Erde. Zudem finden Erdbeben und Vulkanausbrüche plötzlich statt, wohingegen Veränderungen des Magnetfelds verhältnismäßig langsam vonstattengehen. Studien haben keine Korrelation zwischen magnetischen Schwankungen und seismischer Aktivität nachgewiesen. Daher lautet das Fazit: Die derzeitige seismische Unruhe ist tektonischen Ursachen zuzuschreiben – nicht einem wandernden Magnetpol.