Es gibt eine verblüffende Parallele zwischen Fußballfans und dem nordamerikanischen Präriehund: Die possierlichen Tierchen beherrschen die mitreißende Kunst der Stadionwelle in Perfektion. Eins legt los, macht Männchen und wirft dabei schwungvoll die kurzen Nagetier-Vorderbeine gen Himmel. Die Verwandtschaft im mittleren Umkreis nimmt die Bewegung auf, und schon rollt die schönste Welle über die trockene Graslandebene! Solche Wellen sind auch von asiatischen Riesenhonigbienen und Pinguinen bekannt. Riesenhonigbienen produzieren sie, um Fressfeinde zu verunsichern, Pinguine, um sich zu wärmen.
Sie machen die Welle wie Fußball-Fans im Stadion
Was aber steckt bei Präriehunden dahinter? Das fragte sich ein kanadisches Biologenteam und studierte insgesamt 173 dieser Wellen. Resultat: Bei den Präriehunden ist die Bewegung eine Art kollektiver Aufmerksamkeitstest, nach dem Motto: Seid ihr alle da und wach? Kommt die Bewegung störungsfrei ins Rollen, erkennt das Einzeltier beruhigt, dass auch die Verwandten die Dauerbedrohung durch Fressfeinde im Blick haben. Erst dann genehmigt es sich selbst ein paar kostbare Augenblicke ungestörter Futtersuche. Die Fußballfans haben sich ihre Welle allerdings nicht von den Präriehunden abgeguckt – La Ola (spanisch für »die Welle«) wurde von amerikanischen Cheerleadern erfunden und stammt aus den 1980er-Jahren.
(Text: Minerva Fois)
Dieser Artikel ist in P.M. Fragen & Antworten 07/2020 erschienen.