Napoleon Bonaparte, ehemaliger Kaiser der Franzosen, verwendete im Exil auf St. Helena ein herbes Eau de Cologne. Es wird heute erneut hergestellt – und zwar im Duftarchiv von Versailles, einer einzigartigen Institution. Sie wird »Osmothek«, französisch »L’Osmothèque«, genannt, von den griechischen Wörtern für Duft (»osme«) und Sammlung (»theke«).
Rund 4000 unterschiedliche Parfüms aus aller Welt werden hier im Dunkeln bei zwölf Grad Celsius aufbewahrt, in mit Argon luftdicht verschlossenen Flacons aus Spezialglas. Mehr als 800 dieser Düfte werden eigentlich längst nicht mehr hergestellt.
Aber das Institut kennt die Rezepte und treibt auch noch Restbestände exotischer Originalzutaten auf, etwa getrocknetes Drüsensekret der Moschustiere – die mittlerweile nicht mehr getötet werden dürfen, um den Duftstoff zu gewinnen.
Wie hat eigentlich Napoleon geduftet? Das kann man in der Osmothek in Versailles erschnüffeln
Die olfaktorische Zeitreise führt weit zurück: etwa zum Duftwasser der Königin von Ungarn aus dem 14. Jahrhundert, mit Blumen und Rosmarin unter Verwendung destillierten Alkohols hergestellt – damals eine echte Innovation. Der älteste Duft des Archivs stammt aus dem ersten Jahrhundert nach Christus: Das »Parfum Royal« trugen sich die alten Römer einst als Salbe auf.
Die Osmothek wird laufend neu bestückt – von Parfümherstellern aus aller Welt. Sie vertrauen dem Archiv ihre ausgemusterten Formeln an. Sie wissen sie dort in guten Händen. Die in der Osmothek arbeitenden Parfümeure wissen, wie man die Düfte wieder zum Leben erweckt.
(Text: Thomas Röbke)
Der Text ist in P.M. Fragen & Antworten Ausgabe 08/2020 erschienen.