(Text: Angelika Franz)
Als wichtigste Erfindung der Menschheit gilt bekanntlich das Rad. Es ermöglichte ab etwa 4000 v. Chr. den Transport großer und schwerer Waren über längere Distanzen mit weniger Energieaufwand, als dies zuvor auf Schlitten möglich gewesen war. Doch manche Forschende postulieren nun, dass eine ganz andere Erfindung für uns womöglich noch viel bedeutender war: der Werkzeuggriff. Seine Erfindung liegt auf jeden Fall weiter in der Vergangenheit. Seit rund 2,6 Millionen Jahren benutzen Vertreter der Gattung Homo Werkzeuge, die Oldowan-Werkzeuge aus Äthiopien gelten als die ältesten Steinwerkzeuge der Welt.
Vor etwa 500 000 Jahren begannen Menschen dann, ihre Werkzeuge mit Griffen zu versehen – eine Technik, die als Schäften bekannt ist. Um herauszufinden, welchen Unterschied die Schäftung macht, gab ein Forschungsteam von der University of Liverpool 24 männlichen und 16 weiblichen Versuchspersonen Werkzeuge mit und ohne Griff in die Hand. Damit sollten sie verschiedene Arbeiten verrichten wie Holz spalten oder Fasern von einem fellähnlichen Teppich schaben. Sensoren am gesamten Körper maßen dabei die Bewegungen, die Muskelkontraktionen, den Sauerstoffverbrauch und die Geschwindigkeit der Bewegungen.
Die Griffe trugen zur Entwicklung von weiteren TEchniken bei
Das Ergebnis war eindeutig: Die Werkzeuge mit Griffen erlaubten den Probandinnen und Probanden ausladendere Bewegungen sowie den Einsatz von mehr Muskelkraft. Dies wiederum sorgte dafür, dass die Teilnehmenden über mehr Schlagkraft verfügten und auch präziser arbeiten konnten. Insgesamt erledigten sie ihre Aufgaben mit den geschäfteten Werkzeugen deutlich schneller und effizienter. Diese Verbesserungen erlaubten es den Menschen nicht nur, schneller und mit weniger Energieaufwand zu arbeiten, sondern trugen so auch zur Entwicklung von komplizierteren Techniken wie etwa dem Hausbau bei.
Der Artikel ist in der Ausgabe 07/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.