Eine Schüssel mit Sand, die linke Hälfte der Sandmasse ist grün, die rechte pink. Jemand fährt mit einem Eisportionierer hinein und schöpft mehrere Kugeln des Sandes heraus, der eine ähnlich zähflüssige Konsistenz hat wie Eis. Fertig.
Nichts weiter passiert in dem gut fünfminütigen Video. Zig Millionen Menschen haben es sich auf YouTube bereits angeschaut. Es gehört zur Kategorie der »oddly satisfying«-Videos. Das sind scheinbar unspektakuläre Filme, die einen aber dennoch auf kuriose Weise befriedigen – und deshalb viele Zuschauer finden. Andere solche Videos zeigen rieselnden Sand, Wasser, das eine Treppe hinunterfließt, Menschen beim Gemüseschneiden oder jemanden, der mit einer glibbrigen Masse hantiert. Mitunter werden auch Geräusche wie das Knistern von Verpackungen oder das Blättern in einem Buch vorgeführt. Oder Schokoriegel werden vom Auto überfahren. Das Internet ist voll solcher Filme. Und die User klicken sie millionenfach, schauen sie wie gebannt an – ähnlich vielleicht, wie man gern in ein Lagerfeuer schaut.
Typische Themen sind manipulierte Materialien, Domino-Shows oder Salon-Tricks
Die Faszination für solche Videos erklären Psychologen mit der Sehnsucht vieler Menschen nach echten sensorischen Erlebnissen und dem Nachempfinden handwerklicher Tätigkeiten, die viele heutzutage nicht mehr persönlich erleben oder ausüben. Dazu kommt die Entschleunigung vom hektischen Alltag – ein Megatrend.
In den Videos könne man seine Aufmerksamkeit auf wenige ruhige Handlungen konzentrieren, während man im Alltag oft von zahllosen Informationen überflutet werde, erklärt Daniel Ebert, klinischer Psychologe an der Universität Amsterdam. Auf viele wirke das beruhigend wie Schäfchenzählen vor dem Einschlafen.
(Text: Jan Berndorff)
Dieser Artikel ist in P.M. Fragen & Antworten 07/2020 erschienen.