Wer sich bei einer Wanderung verläuft, wird vielleicht erzählen, dass er sich verfranzt hat. Wer bei einer Autofahrt ungewollt in der Pampa steht, weil er die Orientierung verloren hat, wird eingestehen müssen, dass er sich verfranzt hat. Und wenn nach einer Rede zu hören ist, dass der Redner sich verfranzt habe, dann hat er sich verheddert oder den Text vergessen. Es gibt viele Bedeutungen und Begebenheiten für das umgangssprachliche Wort »verfranzt«, aber nur einen Ursprung.
Das Wort stammt aus der deutschen Fliegersprache des Ersten Weltkriegs. Die Besatzung der zweisitzigen Flugzeuge bestand aus dem Piloten und dem Navigator oder Beobachter. Letzterer bestimmte den Kurs, indem er Geschwindigkeit und Position mithilfe einer Karte, einer Uhr und eines Kompasses berechnete. Der Flugzeugführer erhielt den Namen Emil, der Beobachter den Namen Franz.
Emil und Franz: Gut zu unterscheiden bei Flugzeuglärm
Laut Heinz Küppers »Wörterbuch der deutschen Umgangssprache« soll der Name Franz für den Beobachter angeblich beim Kaisermanöver 1912 aufgekommen sein. Kaiser Wilhelm II. habe vom Piloten wissen wollen, wie der Navigator heiße. Die knappe Antwort »Franz« war ein Spitzname und bezog sich vermutlich auf den damals geläufigen Rufnamen für männliche Dienstboten. Beide Namen waren auf jeden Fall kurz und ideal für den Flugfunk, weil sie auch bei lautem Flugzeuglärm leicht zu unterscheiden waren. Zudem wechselten die Besatzungen oft, weil die Gefahr eines Abschusses groß war. So wurde aus den jeweiligen Militärs mit unterschiedlichen Namen einfach Emil oder Franz, je nachdem, welche Funktion sie hatten. Stimmten die Kursangaben von Franz nicht, verflog sich Emil. Er hatte sich somit verfranzt.
(Text: Dieter Möller)
Mehr über den Ersten Weltkrieg können Sie hier nachlesen, im Heft GEO Epoche Kollektion Nr. 10.