Im Jahre 1997 wurden die Wissenschaftler der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) Zeugen eines rätselhaften Phänomens, das die Forschungsgemeinschaft über Jahre hinweg beschäftigte: ein mysteriöses Unterwassergeräusch, das als „Bloop“ bekannt wurde. Dieses Geräusch, das von Hydrophon-Arrays aufgezeichnet wurde, war so laut und eigenartig, dass es sowohl Spekulationen als auch wissenschaftliches Interesse weckte.
Der „Bloop“ ähnelte einem tiefen, langgezogenen Ton, den man am ehesten mit einem „Blooooop“ beschreiben könnte. Doch diese simple Darstellung täuscht über die tatsächliche Intensität des Geräusches hinweg. Er war so laut, dass er von Hydrophonen registriert wurde, die über eine Distanz von 5000 Kilometern voneinander entfernt waren – eine beachtliche Leistung! Zum Vergleich: Ein startender Düsenjet schafft etwa 150 Dezibel, während der Ruf eines Blauwals bis zu 188 Dezibel erreicht. Der „Bloop“ übertraf jedoch beides erheblich.
Dies führte zu intensiven Spekulationen und einer Reihe von Hypothesen. War es ein bis dahin unbekanntes Meerestier? Ein gigantischer Kalmar oder vielleicht sogar ein prähistorisches Ungeheuer? Im Internet und in Fanforen wurden Theorien ausgetauscht, die von einem wütenden Megalodon bis hin zur Kreatur Cthulhu aus H.P. Lovecrafts Geschichten reichten. Eine Theorie, die bei Lovecraft-Fans besonders Anklang fand, war, dass die fiktive Stadt R’lyeh, nur etwa 2000 Kilometer von der vermuteten Quelle des Bloops entfernt liegt.
Die Forscher der NOAA setzten alle verfügbaren technischen Mittel ein, um dem Mysterium auf die Spur zu kommen. Dabei kam es zu einer entscheidenden Entdeckung zwischen 2005 und 2010. Sie installierten zusätzliche Hydrophon-Arrays, um näher an die Quelle des Geräusches zu gelangen, und schließlich fanden sie eine Erklärung, die so faszinierend wie unerwartet war: Der „Bloop“ stammte höchstwahrscheinlich von einem Eisberg, der von einem Gletscher in der Antarktis abgebrochen war.
Die Hydrophon-Messungen und die Analyse der spektralen Signaturen des Geräusches wiesen darauf hin, dass das Geräusch durch einen Prozess namens „Eisbeben“ verursacht wurde. Dies geschieht, wenn sich riesige Eisbrocken von einem Gletscher lösen und ins Meer stürzen, dabei gewaltige Schwingungen erzeugen, die als Schallwellen durch das Wasser reisen. Die Region zwischen der Bransfieldstraße und dem Rossmeer, bekannt für ihre dynamischen Eisbewegungen, passte perfekt zu den Koordinaten, von denen der Bloop zu kommen schien.
Ein bemerkenswertes Beispiel für solche kryogenen Klänge wurde beim Zerfall des Eisbergs A53a in der Nähe von Südgeorgien verzeichnet. Die Geräusche ähnelten frappierend dem „Bloop“ von 1997. Diese Entdeckung half den Wissenschaftlern zu dem Schluss zu kommen, dass Eisbeben nicht nur außergewöhnlich laut sein können, sondern auch weitreichend hörbar sind.
Auch wenn der „Bloop“ nun als ein naturwissenschaftliches Phänomen eines abgebrochenen Eisbergs identifiziert wurde, bleibt er ein eindrucksvolles Beispiel für die immer noch weitgehend unerforschten Geheimnisse der Tiefsee. Diese Entdeckung zeigt einmal mehr, dass unser Wissen über die Ozeane trotz technologischer Fortschritte noch viel Raum für Abenteuer und neue Erkenntnisse bietet.