Das kosmische Wechselspiel der Eiszeiten: die Milanković-Zyklen

von
Eiszeiten
Erkenntnisse über die Milanković-Zyklen revolutionieren das Verständnis von Eiszeiten und ermöglichen Vorhersagen für die Zukunft des Erdklimas.

Seit Urzeiten unterliegt die Erde einem faszinierenden und kraftvollen Zyklus aus warmen Perioden und bitterkalten Eiszeiten, in denen riesige Eispanzer große Teile des Planeten bedeckten. Eine internationale Forschergruppe unter der Leitung von Stephen Barker von der Cardiff University hat nun aufschlussreiche Entdeckungen gemacht, die das Verständnis über diese klimatischen Schwankungen revolutionieren könnten.

Milankovićs Theorien: Die Triebkräfte des Klimas

Schon seit mehr als einem Jahrhundert glauben Wissenschaftler, dass die Eiszeiten mit Veränderungen in der Erdumlaufbahn zusammenhängen. Der serbische Mathematiker Milutin Milanković formulierte zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Theorie, die besagt, dass drei astronomische Faktoren – die Präzession (Taumeln der Erdachse), die Obliquität (Neigung der Erdachse) und die Exzentrizität (Abweichung der Erdumlaufbahn von einer perfekten Kreisform) – das Erdklima maßgeblich beeinflussen. Diese sogenannten Milanković-Zyklen wiederholen sich in Intervallen von etwa 23.000, 41.000 und 100.000 Jahren und steuern die Menge und Verteilung der Sonneneinstrahlung auf der Erde.

Die bahnbrechenden Entdeckungen von Barker und seinem Team

Barker und sein Team entdeckten nun ein neues, faszinierendes Muster, das diese Zyklen bewirkt. Sie analysierten Sauerstoff-Isotopenverhältnisse in den fossilen Kalkschalen winziger Meeresorganismen, die auf dem Ozeanboden abgelagert wurden. Diese Verhältnisse geben Aufschluss darüber, wie viel Eis zu jener Zeit auf den Kontinenten lag und wie warm oder kalt das Meerwasser war. Die Forscher stellten überrascht fest, dass die Präzession hauptsächlich dafür verantwortlich ist, eine Eiszeit zu beenden, während die Obliquität entscheidend für deren Beginn ist. Die Exzentrizität sorgt dafür, dass die Eiszeiten seit etwa einer Million Jahren einem 100.000-jährigen Rhythmus folgen.

Rückblick und Zukunftsprognosen

Noch verblüffender ist, dass die Wissenschaftler mit ihren Erkenntnissen alle Warm- und Kaltzeiten der letzten 900.000 Jahre präzise vorhersagen können. Dies ermöglicht zudem einen faszinierenden Blick in die Zukunft. Theoretisch steht uns eine neue Eiszeit in etwa 10.000 Jahren bevor. Jedoch könnte die anthropogene Beeinflussung des Klimas diese Prognose verfälschen. Die menschlichen CO₂-Emissionen Klima verändert und könnten den natürlichen Verlauf einer neuen Eiszeit hinauszögern.

Gregor Knorr vom Alfred-Wegener-Institut, Mitautor der Studie, betont: „Ein solcher Übergang zu einem eiszeitlichen Zustand ist sehr unwahrscheinlich, weil die menschlichen CO₂-Emissionen bereits von seinem natürlichen Verlauf abgelenkt haben, was längerfristige Auswirkungen in die Zukunft hat.“

Bedeutung der Entdeckung für die Wissenschaft

Diese Entdeckungen sind wissenschaftlich bedeutsam, da sie bestätigen, dass die natürlichen Zyklen des Klimas größtenteils vorhersagbar und nicht zufällig oder chaotisch sind. Stephen Barker erklärt stolz: „Das Muster, das wir gefunden haben, ist so reproduzierbar, dass wir in der Lage waren, eine genaue Vorhersage darüber zu treffen, wann die einzelnen Zwischeneiszeiten der letzten Million Jahre auftreten und wie lange sie dauern würden.“

Einfluss der Eiszeiten auf die Evolution

Während der letzten 2,6 Millionen Jahre erlebte die Erde mehrere große Eiszeiten, die maßgeblich die Evolution beeinflussten. Ohne diese klimatischen Extreme wären Menschen möglicherweise nicht zu dem geworden, was sie heute sind. Der aktuelle Temperaturanstieg infolge menschlichen Handelns könnte die nächste Eiszeit verzögern und den Klimaverlauf unvorhersehbar machen.

Kosmische Rhythmen und die Zukunft des Erdklimas

Während die Diskussionen über den Klimawandel und die globale Erwärmung unsere Gegenwart bestimmen, eröffnet uns die Forschung über die Milanković-Zyklen einen eindrucksvollen Blick auf die natürlichen Muster, die das Erdklima seit Millionen von Jahren prägen. Solche Erkenntnisse erinnern uns daran, wie tief verwurzelt unser Planet in den kosmischen Rhythmen des Universums ist.

Sarah arbeitet als Wissenschaftsjournalistin, unter anderem für „P.M.“ und „National Geographic“. Zum Journalismus kam sie über ihr Studium Modejournalismus / Medienkommunikation in München und Berlin. Auf ihrem beruflichen Weg sammelte sie auch Erfahrungen im Bereich Film und Fernsehen sowie im Marketing. Ihre Interessen liegen vor allem im Tierschutz, Feminismus und in der Kunst – und natürlich im Entdecken von spannenden Geschichten.
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