(Text: Thomas Röbke)
San Marino ist nicht nur eines der kleinsten, sondern auch eines der reichsten Länder der Welt, gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. In der Enklave nahe Rimini im Norden Mittelitaliens leben knapp 34 000 Menschen auf rund 61 Quadratkilometern. Arbeitslosenquote und Staatsschulden liegen beinahe bei null. Der Ministaat ist Mitglied der Vereinten Nationen und des Europarats, nicht jedoch der Europäischen Union. Die Währung ist trotzdem der Euro, Sammler schätzen die Münzen aus San Marino wegen ihrer kleinen Auflage. Der Legende zufolge gründete der heilige Marinus (italienisch: San Marino) den Ort. Der Steinmetz floh demnach zu Beginn des 4. Jahrhunderts vor der Christenverfolgung durch Roms Kaiser Diokletian auf den Berg Titano und sammelte dort eine weltlich-religiös gemischte Gemeinschaft um sich. Sie wird schriftlich allerdings erst zu Beginn des 6. Jahrhunderts durch den Mönch Eugippius erwähnt. Aus dem Jahr 885 ist ein Dokument überliefert, dem zufolge San Marino noch nie unter fremder Herrschaft stand und somit unverändert im Besitz der San-Marinesen sei.
Sogar Napoleon erkannte San Marinos Unabhängigkeit an
In den folgenden Jahrhunderten war San Marino wiederholt umkämpft, bewahrte aber immer die Unabhängigkeit. Selbst Napoleon erkannte das an. Die Grundzüge der im Jahr 1600 neu ausgearbeiteten Verfassung gelten noch heute, sie ist damit die älteste noch gültige republikanische Verfassung der Welt. In ihr ist eine parlamentarische repräsentative Demokratie festgeschrieben. Eine Besonderheit San Marinos sind die beiden gleichberechtigt regierenden Staatsoberhäupter, die Capitani Reggenti, die alle sechs Monate vom Parlament neu gewählt werden. Ein Gesetz aus dem Jahr 1200 verlangt dies, damit nicht zu lange zu viel Macht in einer Hand liegt. Regierungschef wiederum ist immer der Außenminister oder die Außenministerin.
Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.