Autor: Holger Diedrich
Normalerweise präsentieren sich Hightech-Produkte gerne hochglänzend und sauber. Das Ergebnis von Microsofts »Project Natick« sah anders aus – und ist doch extrem zukunftsträchtig: Über und über mit Muscheln, Sand und Seeanemonen bedeckt, wurde im September 2020 eine zwölf Meter lange Stahlröhre aus dem Meer vor den schottischen Orkney-Inseln geborgen, aus 35 Meter Tiefe. In der Röhre verpackt: 864 Server mit 27,6 Petabyte Speicherkapazität. Das entspricht der Datenmenge von rund fünf Millionen Spielfilmen.
Rechenzentren vor der Küste könnten den Datentransfer beschleunigen
Im Jahr 2018 hatte Microsoft die Server in der Nordsee versenkt. Hintergrund des Experiments: Ein großer Teil der Kunden des Technikkonzerns lebt in der Nähe von Küsten, in den USA sollen es 50 Prozent sein. Warum also keine Serverzentren im Ozean installieren, um noch schnellere Datentransfers zu garantieren, etwa für Cloud-Anwendungen? Im Meer ist ausreichend Platz, und das kalte Wasser sorgt kostenlos für Kühlung, die an Land eine Menge Energie verbrauchen würde.
Auch wenn tief im Meer keine Wartung möglich war: Die mit Windstrom betriebene Unterwasseranlage tat stabil ihren Dienst. Die Techniker errechneten eine Ausfallrate, die bei lediglich einem Achtel von jener bei Serverzentren an Land lag. Noch werten Experten die Daten des Projekts aus. Sollte unter dem Strich ein positives Ergebnis stehen, könnte Project Natick der Startschuss für die Errichtung von großen Offshore-Datenzentren werden – vielleicht ja versorgt mit Energie von Wind- und Wellenenergieanlagen in unmittelbarer Nähe.
Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2021 von P.M. Fragen & Antworten erschienen.