Zu Zeiten des deutschen »Wirtschaftswunders« wurde Flurbereinigung betrieben, um die deutsche Landwirtschaft großflächig zu modernisieren. Deren oftmals kleine und verkehrstechnisch ungünstig gelegene Felder taugten nicht für den Einsatz von Maschinen und Agrarchemie. Aus diesem Grund wurde das Bauernland ab den 1950ern neu strukturiert: durch staatlich organisierte und bezuschusste Maßnahmen. Sie betrafen bis 1964 schon drei von insgesamt rund 13 Millionen Hektar Landwirtschaftsfläche. Und so ging es Jahrzehnte ununterbrochen weiter.
Deutschland bekam dadurch ein neues Gesicht. Einst prägten es reich gegliederte Kulturlandschaften, in denen die Natur genügend Nischen fand, um sich auszubreiten. Diese Symbiose aus geordneten und wilden Flächen fand mit dem 1953 erlassenen Gesetz zur Flurbereinigung ein Ende. Der Agrarhistoriker Frank Uekötter bezeichnet sie als »die vielleicht folgenträchtigste Einzelmaßnahme der Agrarpolitik« in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Die gesetzliche Grundlage ist das Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) vom Juli 1953
Die Flurbereinigung erfolgte mit wenig Rücksicht auf Natur und Landschaft. Störende Hecken, Bäume, Bäche, Tümpel und Feuchtgebiete verschwanden zugunsten großer Produktionsflächen mit optimalen Zugangs wegen. In Schleswig-Holstein etwa wurden von 75 000 Kilometern Wallhecke rund 30 000 zerstört. In der DDR zeitigte die Agrarwirtschaft ähnliche Folgen: Mecklenburg-Vorpommern weist heute rund 35,5 Prozent weniger Kleinstgewässer auf als vor 100 Jahren.
Und so steht die Flurbereinigung für den Fortschritt in der industriellen Landwirtschaft, aber auch für Umweltzerstörung und Artenschwund. Erst seit einigen Jahren wird dem Naturschutz bei der Flurbereinigung mehr Bedeutung beigemessen.
(Text: Holger Diedrich)
Dieser Artikel ist in P.M. Fragen & Antworten 07/2020 erschienen.