Wie beschleunigt ein Raumschiff im Weltall?

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Rückstoß, Segel oder Gravitation: Drei Methoden bringen Gefährte im All auf ein höheres Tempo Foto: © picture alliance / Cover Images
Ingenieure haben für die Zukunft eine neue Möglichkeit ersonnen, um Sonden anzutreiben: Segel, an denen Lichtteilchen abprallen

(Text: Jan Berndorff)

Weil im Weltraum ein Vakuum herrscht, gibt es dort im Prinzip nur eine Möglichkeit, sich fortzubewegen: das Rückstoßprinzip. Es wirkt bei Luftballons genau wie bei Raketen: Pustet man den Ballon auf und lässt ihn los, so strömt die Luft mit Tempo aus der Öffnung heraus. Sie beschleunigt den Ballon mit der gleichen Kraft, mit der die Luft ausgestoßen wird, in die Gegenrichtung und lässt ihn wild durch die Gegend sausen. Ob außerhalb des Luftballons Luft, eine Wand oder ein Vakuum vorliegt, ist unerheblich. Das Rückstoßprinzip braucht kein Medium, an dem es sich abstoßen kann.

Raumschiffe sind natürlich deutlich schwerer als Luftballons. Darum muss für sie viel mehr Kraft aufgewendet werden, um auf Geschwindigkeit zu kommen. Die Raketen eines Raumschiffs verbrennen deshalb energiereiche Treibstoffe und schießen die entstehenden Gase über ihre Düsen mit enormem Druck regelrecht heraus. Um von der Erde aus zu starten, sind riesige Mengen an Treibstoff notwendig, weil es gilt, die enorme Schwerkraft unseres Heimatplaneten zu überwinden. Einmal auf Geschwindigkeit gebracht und in eine Erdumlaufbahn eingeschwenkt, braucht es dann nur noch kleine Mengen, um zu steuern oder das Tempo zu halten. Denn im Vakuum wird man ja durch keinerlei Luftwiderstand abgebremst. 

Beschleunigung durch speziell beschichtete SEgel?

Soll eine Raumsonde aber über den Erdorbit hinausfliegen, etwa zu einem anderen Planeten, so muss sie noch mehr Tempo aufnehmen. Das gelingt, indem sie die Schwerkraft der Erde nutzt: In einem sogenannten Swing-by-Manöver holt sie quasi Schwung, indem sie eng an der Erde eine halbe Runde vorbeifliegt – und dabei vom Schwerefeld des ungleich massereicheren Planeten beschleunigt wird. Man nennt das auch »Gravitationsschleuder«. Sie funktioniert ähnlich wie bei einem Hammerwerfer, der dem Hammer die Energie seiner Drehung und seines Gewichts mit auf den Weg gibt.

Für die Zukunft haben Raumfahrtingenieure noch eine weitere Möglichkeit ersonnen, Raumschiffe zu beschleunigen: segeln. Die Segel bestünden aus speziell beschichteten, reißfesten Folien, und der Wind wäre das Licht der Sonne. Wenn nämlich Lichtstrahlen, also Photonen, auf eine reflektierende Fläche prasseln, so üben sie einen sehr geringen, aber doch spürbaren Druck aus. Ist das Licht intensiv und die Fläche groß genug, lässt sich auf diese Weise ein Gefährt im Weltraum immer weiter beschleunigen. Das haben Tests bereits bestätigt. 

Wie weit das Prinzip wirklich trägt, wird die Zukunft zeigen. Denn für ein schweres Raumschiff müssten die Segel riesig sein. Die Beschleunigung wäre gering, das Licht der Sonne aber jenseits des Jupiters schon sehr schwach. Zudem würden durchs All sausende Steinchen das Segel auf Dauer durchlöchern.

Der Artikel ist in der Ausgabe 07/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.

Die P.M.-Redaktion besteht aus einer Hauptredaktion und einer Vielzahl freier Autorinnen und Autoren. Die Magazine „P.M.“, „P.M. Schneller schlau“ und „P.M. History“ erscheinen monatlich und beschäftigen sich mit Themen rund um Physik, Chemie, Biologie, Natur, Psychologie, Geschichte und vielen mehr.
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