Wo soll ein Tresor für Stuhlproben entstehen?

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Die Vielfalt unser Darmflora schwindet deutlich. Eine gemeinnützige Wissenschaftsorganisation wirbt deshalb für den Aufbau eines Archivs für Stuhlproben

(Text: Jenny Niederstadt)

Verborgen in unserem Darm lagert ein medizinischer Schatz: Milliarden von Bakterien und Pilzen, die in unserem Körper höchst effektiv zahlreiche Aufgaben übernehmen. So helfen sie zum Beispiel beim Stoffwechsel, aber auch bei der Abwehr von Krankheiten – und auch auf unsere Psyche wirken die Mikroorganismen. Fachleute nennen diese komplexe Lebensgemeinschaft Mikrobiom.

Dessen Bedeutung beginnen Forschende gerade erst zu verstehen – und geben Alarm. Denn die Vielfalt unserer Darmflora schwindet deutlich. Studien zeigen zum Beispiel, dass Stuhlproben aus den USA nur noch halb so viele verschiedene Bakterienarten enthalten wie Proben von Menschen, die traditionell und zurückgezogen in entlegenen Regionen Südamerikas leben. Der Lebensstil in industrialisierten Ländern scheint dem Mikrobiom zu schaden. Unter anderem stehen Antibiotika und stark verarbeitete Lebensmittel im Verdacht, der Diversität in unseren Verdauungsorganen zu schaden.

Eine Wissenschaftsorganisation wirbt seit 2018 für ein Archiv für Stuhlproben

Diese Vielfalt ist jedoch entscheidend für unsere Gesundheit, betonen Medizinerinnen und Mikrobiologen. Eine gemeinnützige Wissenschaftsorganisation wirbt deshalb seit 2018 für den Aufbau eines Archivs für Stuhlproben. Vorbild des Projekts ist der »Global Seed Vault« in Grönland: Er bewahrt tiefgefrorene Pflanzensamen aus aller Welt auf, damit Arten, die durch Naturkatastrophen oder menschlichen Einfluss in der Natur verschwinden, nicht gänzlich verloren gehen. 

Nach diesem Prinzip wird auch der »Microbiota Vault« arbeiten, für den derzeit in Basel erste Stuhlproben gesammelt werden. Langfristig sollen im »Mikrobiom-Tresor« Proben aus der ganzen Welt lagern: Viele internationale Forschungszentren verfügen bereits über kleinere Sammlungen, die dann in dem zentralen Archiv zusammengefasst werden könnten. Die Initiatoren rechnen mit bis zu 100 000 Teströhrchen, die nach einheitlichen Methoden analysiert und eingefroren würden. 

In der Schweiz könnten sie dann in einem ehemaligen Militärbunker lagern. Noch ist aber nicht endgültig über den Standort dieser Arche Noah für die Darmflora entschieden: Das Projekt befindet sich erst in der Pilotphase. Debattiert werden zum Beispiel auch Lagerungsmöglichkeiten in Norwegen.

Der Artikel ist in der Ausgabe 06/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.