Wenn Mediziner von Herztumoren sprechen, reden sie oft von einem Chamäleon. Dabei hat die Erkrankung natürlich nicht direkt mit den kuriosen Schuppenkriechtieren zu tun. Vielmehr sind die Symptome dieser Tumore zunächst so wenig charakteristisch, dass sie auf den ersten Blick anderen Leiden ähneln – wie sich eben das Chamäleon scheinbar unterschiedlichen Untergründen anpasst.
Herztumore sind eher selten
Herztumore machen nur etwa 0,05 Prozent aller Krebserkrankungen des Menschen aus. Manche von ihnen entstehen direkt aus dem Herzgewebe; drei Viertel dieser Tumore sind gutartig. Am häufigsten finden Ärzte das Myxom, ein kugelförmiges Gebilde, das meist im linken Vorhof des Herzens vorkommt.
Gutartige Herztumore sind zunächst oft schwer von einem Blutgerinnsel im Herzen zu unterscheiden.
Andreas Hoffmeier, Klinik für Herzchirurgie am Universitätsklinikum Münster
»Gutartige Herztumore sind zunächst oft schwer von einem Blutgerinnsel im Herzen zu unterscheiden«, sagt Andreas Hoffmeier von der Klinik für Herzchirurgie am Universitätsklinikum Münster. Seltene, bösartige Herztumore sind zum Beispiel die Sarkome. Viel häufiger als diese Erkrankungen entdecken Mediziner jedoch Absiedlungen – Metastasen – anderer Tumore am Herzen, zum Beispiel aus der Lunge oder der Brust. Oft wird ein Herztumor zufällig gefunden, bei der Ultraschalluntersuchung des Herzens oder, weil ein Herzbeutelerguss als Folge der Erkrankung entsteht. Teils leiden die Patienten an leichtem Fieber oder einer Blutarmut, an Gewichtsverlust und Atemnot, auch Herzrhythmusstörungen kommen häufig vor und führen die Patienten gegebenenfalls zum Arzt und ihn nach ausführlicher Untersuchung zur Diagnose.
Entdeckt werden Herztumoren meistens bei einer Herz-Ultraschall-Untersuchung
Gutartige Herztumore können schwere Folgen haben, wenn sich von den sehr weichen Tumoren Anteile lösen, in den Kreislauf geraten und Blutgefäße verschließen. »Im Gehirn kann dies zu einem Schlaganfall führen«, sagt Andreas Hoffmeier. Darum müssen sie operativ entfernt werden – unter dem Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine, weil das Herz dabei geöffnet wird und somit kein Blut mehr hindurchfließen kann.
Bei bösartigen Herztumoren kommt ein solcher Eingriff nur in seltenen Fällen in Betracht, meist bleiben den Betroffenen nur noch Bestrahlung und Chemotherapie, um die Erkrankung zu bekämpfen. Bei ihnen ist die Prognose deutlich schlechter als bei den gutartigen Formen: Fünf Jahre nach Diagnose der Erkrankung leben nur noch 30 Prozent der Patienten mit bösartigen Tumoren, bei den anderen sind es mehr als 80 Prozent.
(Text: Astrid Viciano)
Der Text ist in P.M. Fragen & Antworten Ausgabe 09/2020 erschienen.