Chromosomen des Menschen sind wohl doch nicht einheitlich

von
Chromosome des Menschen
Foto: ver0nicka // Adobe Stock
Faszinierende Erkenntnisse über die Chromosomen des Menschen: Studien zeigen DNA-Variationen in gesunden Zellen und ihre mögliche Rolle im Alterungsprozess.

Neueste Forschungsergebnisse werfen ein überraschendes Licht auf die Chromosomen des Menschen. Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass das Erbgut in unseren Zellen nicht so einheitlich ist, wie bisher angenommen. Forschende haben entdeckt, dass selbst bei gesunden Menschen eine von 43 Knochenmarkszellen erhebliche genetische Veränderungen aufweist – Chromosomenstücke sind vertauscht, umgekehrt oder mehrfach kopiert. Diese genetischen Unterschiede können sogar größer sein als die zwischen verschiedenen Menschen, berichten die Wissenschaftler in „Nature Genetics“.

Unterschiedliche DNA in den Zellen

Jedem Menschen ist ein einzigartiger DNA-Bauplan eigen, welcher sich in jeder Zelle unseres Körpers befindet. Bisher ging man davon aus, dass der grundlegende DNA-Code in allen Zellen eines Individuums identisch ist, obwohl die Genaktivität je nach Organ und Gewebe variiert. Doch Karen Grimes vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) und ihr Team haben herausgefunden, dass dies nicht der Fall ist.

Untersuchte Zellen und Methode

Die Forscher*innen analysierten Blutstammzellen aus dem Knochenmark von 19 Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts – von Neugeborenen bis zu 92-Jährigen. Sie nutzten die Einzelzell-Sequenzierungsmethode Strand-Seq, um die DNA-Basenabfolge in jeder einzelnen Zelle zu bestimmen. Die Ergebnisse waren verblüffend: Bei 84 Prozent der Teilnehmer zeigten die Zellen deutliche Abweichungen im DNA-Code.

Chromosomale Mutationen

Die Forscher entdeckten fehlende Chromosomenstücke, zusätzliche Kopien und Umkehrungen bestimmter DNA-Abschnitte. Diese chromosomalen Mutationen betreffen ganze Abschnitte des Erbguts, im Gegensatz zu Genmutationen, die oft nur einzelne DNA-Basen verändern. „In einer von 43 Zellen eines Individuums haben wir neu entstandene Mosaik-Strukturvarianten entdeckt – unabhängig vom Alter“, berichten die Wissenschaftler.

Diese Ergebnisse widerlegen die bisherige Lehrmeinung, dass alle Zellen eines Körpers identische DNA haben. „Es ist schlichtweg verblüffend, wie groß die bislang unentdeckte Heterogenität in unseren Genomen ist“, sagt Ashley Sanders vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin. Auch bemerkenswert: Diese DNA-Veränderungen treten nicht in Krebstumoren auf, sondern bei gesunden Menschen.

Unterschiede vergrößern sich mit dem Alter

Die Studie zeigte zudem, dass mit steigendem Alter diese genetischen Unterschiede zunehmen. Bei den über 60-Jährigen wiesen 36 Prozent der Blutstammzellen subklonale Strukturvarianten der Chromosomen auf. „Was dies für die Definition eines normalen menschlichen Alterns bedeutet und wie sich dies auf unsere Anfälligkeit für Krankheiten auswirkt, sind wichtige Fragen für die Forschung“, erläutert Jan Korbel, Seniorautor der Studie.

Zukünftige Forschung an Chromosomen der Menschen

Noch bleibt unklar, ob die Zunahme dieser Subklone im Alter auf versagende Kontrollmechanismen zurückzuführen ist oder ob sie eine treibende Kraft hinter den Alterserscheinungen darstellen. „Unsere künftigen Einzelzellstudien sollten mehr Aufschluss darüber geben, wie diese bisher unbemerkten Mutationen unsere Gesundheit beeinflussen und möglicherweise den Alterungsprozess steuern“, so Korbel.

Diese Erkenntnisse öffnen neue Forschungsfelder über die Chromosomen des Menschen und könnten helfen, Krankheiten besser zu verstehen und zu behandeln.

Sarah arbeitet als Wissenschaftsjournalistin, unter anderem für „P.M.“ und „National Geographic“. Zum Journalismus kam sie über ihr Studium Modejournalismus / Medienkommunikation in München und Berlin. Auf ihrem beruflichen Weg sammelte sie auch Erfahrungen im Bereich Film und Fernsehen sowie im Marketing. Ihre Interessen liegen vor allem im Tierschutz, Feminismus und in der Kunst – und natürlich im Entdecken von spannenden Geschichten.
Sarah arbeitet als Wissenschaftsjournalistin, unter anderem für „P.M.“ und „National Geographic“. Zum Journalismus kam sie über ihr Studium Modejournalismus / Medienkommunikation in München und Berlin. Auf ihrem beruflichen Weg sammelte sie auch Erfahrungen im Bereich Film und Fernsehen sowie im Marketing. Ihre Interessen liegen vor allem im Tierschutz, Feminismus und in der Kunst – und natürlich im Entdecken von spannenden Geschichten.
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