(Text: Jenny Niederstadt)
Sie torkeln, verlieren die Orientierung und müssen mitunter sogar erbrechen: Ja, auch Fische können offenbar seekrank werden. Allerdings leiden die Tiere eher selten an diesem Unwohlsein – etwa wenn sie an der Meeresoberfläche schwimmen und dort überraschend von starken Wellen hin und her geworfen werden. Oder wenn sie in tieferen Wasserschichten in ein Fischernetz geraten und dann rasch emporgezogen werden.
Der Grund für die körperliche Reaktion ist eine kurzfristige Verwirrung der Sinne. Dem Gehirn der Fische gelingt es dann nicht, sich eindeutig zu orientieren. Genau wie ein Mensch an Deck eines schwankenden Schiffs empfangen die Tiere widersprüchliche Informationen über ihre Umwelt. Im Kern eines Wasserstrudels etwa nehmen ihre Augen Stillstand wahr, während ihr Gleichgewichtsorgan Bewegung registriert. Löst sich dieser Widerspruch nicht auf, schlägt das Hirn Alarm und reagiert, als kämpfe der Organismus mit einem Gift: Übelkeit kommt auf, der Kreislauf gerät aus dem Takt, und die Orientierung geht verloren.
Die Tiere erbleichen oder müssen erbrechen
Diesen Effekt können Biologen nicht nur bei Meeresfischen nachweisen, auch Tiere in Aquarien sind betroffen. Zum Beispiel beim Umzug in ein anderes Becken: Werden sie in einem schaukelnden Eimer getragen oder mit dem Auto unsanft in einer Transportbox gefahren, setzen die Schwingungen des Wassers den Fischen zu. Dabei reagiert auch ihr Seitenlinienorgan, mit dem sie Strömungen und Druckwellen wahrnehmen. Einige Arten erbleichen dann deutlich sichtbar, oder die Tiere müssen erbrechen.
Züchter versuchen, die Reisekrankheit zu lindern, indem sie die Fische vor einem Transport nicht füttern. Mit leerem Bauch reist es sich besser. Verwandte im Meer haben es da einfacher: Werden sie seekrank, tauchen sie schnell in die Tiefe. Dort ist das Wasser ruhiger, und das Unwohlsein verfliegt.