Einen Kopf erkennt man bei einem Seestern nicht unbedingt. Das bedeutet jedoch nicht, dass es keinen gibt. Oder besteht er doch nur aus Armen? Hat er auch noch Beine? Wo sitzt das Gehirn? Und gibt es bei ihm überhaupt oben und unten? Der Seestern und seine Anatomie werfen viele Fragen auf, die lange nicht beantwortet werden konnten. Denn anders als die meisten Tiere und wir Menschen hat der Seestern keinen achsensymmetrischen Körperbau, also Ohren, Augen, Arme, Beine jeweils links und rechts der zentralen Körperachse. Stattdessen hat er fünf symmetrische Arme, eben wie ein gezeichneter Stern. Doch wo ist nun der Kopf?
Der Seestern ist ein anatomisches Wunderwerk
Die Lösung haben erst kürzlich Forschende der britischen University of Southampton ermittelt. Und zwar, indem sie sich nicht nur den Verlauf der Nerven im Innern des Seesterns angesehen, sondern zudem eine sogenannte RNA-Tomografie angefertigt haben: Sie haben also nachgeschaut, wie typische Kopf- und Rumpfgene im Körper des Fledermausseesterns (Patiria miniata) verteilt sind. Und siehe da: Demnach ist eigentlich der gesamte Stern ein einziger Kopf. Sowohl im Zentrum des Sterns als auch mittig in den Armen fanden sich Signaturen von Genaktivität, wie sie für den Kopf typisch sind. Charakteristische Rumpfsignaturen dagegen fanden sich nur an den äußersten Spitzen der Arme. „Es ist, als ob der Seestern keinen Rumpf hätte und am besten als Kopf beschrieben werden könnte, der über den Meeresboden krabbelt“, so der Hauptautor der Veröffentlichung, Laurent Formery.
Es hat sich gezeigt: Eigentlich besteht der gesamte Seestern aus einem Kopf
Der Seestern ist also nicht nur von der Körperform her sehr ungewöhnlich, auch das Innere überrascht. Zum Beispiel hat er kein Blut, kein Gehirn (an dem man den Kopf sonst vielleicht auch hätte erkennen können) und zum Fressen stülpt er seinen Magen nach außen. Wahrscheinlich ist innen vor lauter Kopf kein Platz dafür. All das lässt die Frage aufkommen, was der Seestern überhaupt ist. Seesterne gehören zu den Tieren, genauer zu den reinen Meerestieren. Sie sind Teil des Stammes der Stachelhäuter und sind verwandt mit dem Seeigel und der Seegurke. 1.800 Arten gibt es, die in allen Weltmeeren verteilt sind. Im Allgemeinen werden die schönen Sterne nur ein paar Jahre alt, der Seestern Pisaster ochraceus jedoch kann sogar über 30 Jahre alt werden. Sie ernähren sich räuberisch, von Schnecken, Seeigeln, Einsiedlerkrebsen, Krabben und auch Muscheln. Letztere öffnen sie mit ihren Saugnäpfen und gelangen so an das schmackhafte Innere.
Seesterne als Fotomotiv kann für die Tiere tödlich enden
Aufgrund ihrer ungewöhnlichen Anatomie können sie sich nicht paaren wie Säugetiere, sondern machen es recht ähnlich wie die meisten Unterwassertiere: Männliche Seesterne geben ihr Samengut einfach ins Wasser ab, woraufhin die weiblichen ihre Eier dort ablegen. Dabei kann es sich um eine Menge von zwei bis 100 Millionen Eiern handeln. Die jungen Seesterne schlüpfen aus den befruchteten Eiern und sind zu Beginn erst nur kleine Larven mit Saugnäpfen und drei Armen.
Übrigens sollte man die Tiere bei einem Tauchgang oder beim Schnorcheln unbedingt in Ruhe lassen und nicht über das Wasser halten. Dadurch gelangen nämlich Luftbläschen in ihr Gefäßsystem, was sowohl ihre Atmung als auch die Fortbewegung nachhaltig beeinträchtigt. Viele dieser Tiere sterben also, auch nachdem man sie wieder ins Wasser gelassen hat. Über Wasser haben sie auf keinen Fall eine Überlebenschance und sterben schon nach ein paar Minuten.