(Text: Angelika Franz)
Geldsysteme gab es praktisch zu allen Zeiten und überall auf der Welt. »Das Bezahlen mit Geld wurde in dem Sinne nie erfunden, sondern gehört zum Grundrepertoire menschlichen Verhaltens«, erklärt der Ur- und Frühgeschichtler Nicola Ialongo von der Georg-August-Universität Göttingen. Schon lange bevor die ersten Münzen geprägt wurden, zahlten Menschen bereits mit verschiedenen Einheiten, um den Warentausch einfacher zu gestalten.
Womit bezahlt wurde, hing von den lokalen Gepflogenheiten ab. Während die Händler in einigen Regionen Afrikas oder im Südpazifik Waren gegen Muscheln tauschten, wechselten Güter in Mesopotamien oder Ägypten für zerhackte Silberstücke den Besitzer. Das bronzezeitliche Europa war jedoch in dieser Hinsicht lange ein weißer Fleck auf der monetären Landkarte.
Anders als beispielsweise im Nahen Osten gab es hierzulande für die Zeit zwischen 2300 und 800 v. Chr. keine Schriftkultur, mit der Kaufverträge oder Preislisten überliefert wurden. Ialongo und sein Kollege Giancarlo Lago von der Universität Rom konnten nun nachweisen, dass die Händler auch hier ihre Schulden mit zerhacktem Metall beglichen. Anders als im Zweistromland und am Nil war die Währung allerdings Bronze: Ausgediente Waffen und Schmuckstücke bekamen ein zweites Leben als Bargeld.
Studie zeigt Frühes Bargeld aus zerhacktem Metall
Für ihre Studie haben Ialongo und Lago rund 3000 zerhackte Metallobjekte aus Italien und Mitteleuropa sowie sämtliche bekannten Waagengewichte des bronzezeitlichen Europa statistisch ausgewertet. Die große Mehrheit der Fundstücke, stellten sie dabei fest, fiel in den Bereich zweier Gewichtseinheiten, die auch in Mesopotamien genutzt wurden: des kleineren Schekels mit 8 bis 15 Gramm und der größeren Mine mit 400 bis 500 Gramm.
Die handlichen Tauscheinheiten stellten die Händler vermutlich selbst her. Bronze eignete sich dazu besonders gut, denn das Material ist leicht zu bearbeiten. Schon die Temperatur eines Lagerfeuers, um die 560 Grad Celsius, reicht aus, um beispielsweise eine ausgediente Axt aus Zinnbronze mit wenigen Schlägen in kleinere Stücke aufzuteilen. Trotzdem war es so gut wie unmöglich, bei der Geldherstellung zu schummeln, denn vermutlich führte jeder Händler stets eine eigene Waage bei sich. So konnten immer beide Parteien eines Tauschhandels das Gewicht der gehäckselten Bronzestücke überprüfen. Technisch war auch das kein Problem: »Die Waagen sind leicht zu bauen – wir haben es selbst ausprobiert, und es dauert nur wenige Minuten«, berichtet Ialongo.
Der Artikel ist in der Ausgabe 03/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.