(Text: Angelika Franz)
Bislang galten drei Kirchen als Kandidaten für das älteste Gotteshaus auf Berliner Stadtgebiet: Jeweils um 1230 entstanden der Vorgängerbau der heutigen Nikolaikirche in Berlin-Mitte und die mehrfach überbaute, 1964 abgerissene Petrikirche in Kölln. Um 1240 wird zudem die Nikolaikirche in Spandau erstmals urkundlich erwähnt. Doch womöglich müssen sie ihren Platz nun für einen noch älteren Kirchenbau räumen.
Als der Archäologe Torsten Dressler mit seinem Grabungsteam eine Grube für den Bau eines Fahrstuhls der Musikschule in Spandau an der Ecke Moritzstraße und Jüdenstraße untersuchte, fand er auf den wenigen Quadratmetern eine große Menge Knochen. Sie gehörten zum ehemaligen Friedhof der Moritzkirche, die 1920 abgerissen wurde. Die Moritzkirche wurde zwar erst 1461 urkundlich erwähnt, doch Historiker sind sich einig, dass sie noch deutlich älter sein muss.
Archäologe vermutet Bau der Moritzkirche um Jahr 1220
Dressler vermutet, dass der Bau mit dem Tod des Markgrafen Albrecht II. im Jahr 1220 zusammenhängt. Denn zu dieser Zeit bekamen seine beiden kleinen Söhne – Johann I. und Otto III., die späteren Gründer Berlins – den Magdeburger Erzbischof Albrecht I. als Lehnsvormund. In Magdeburg aber wurde damals der heilige Mauritius, Schutzheiliger des Heeres, der Infanterie, der Messer- und Waffenschmiede, besonders glühend verehrt. Mit der Gründung einer Mauritiuskirche im Herrschaftsgebiet seiner Mündel, so Dresslers Theorie, wollte der Erzbischof im damals noch stark slawisch geprägten Spandau ein Zeichen setzen und seine Macht demonstrieren.
Später dann wurde der ursprüngliche Name Mauritius, wie oftmals üblich, zu Moritz eingedeutscht. Im 13. Jahrhundert war Spandau eine bedeutende Handelsstadt. Erst 1920 wurde die zuvor eigenständige Stadt zu einem Teil Berlins.
Der Artikel ist in der Ausgabe 05/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.