Frau Yang, Sie beschäftigen sich als Physikerin mit der Dynamik von Flüssigkeiten und haben dabei mit Ihren Kolleginnen und Kollegen unter anderem eine »Vereinheitlichte Theorie des Kackens« entwickelt. Was besagt die?
Säugetiere mit zylindrischen Exkrementen scheiden diese innerhalb von zwölf Sekunden aus, mit einer Abweichung von jeweils sieben Sekunden nach oben und unten. Das Erstaunliche dabei ist: Das gilt für kleine Tiere genauso wie für große. Ein Elefant erledigt seinen Stuhlgang also etwa ebenso schnell wie ein Hund, obwohl er 30 Liter aus seinem Darm herausdrücken muss und der Hund nur 10 Milliliter. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass große Tiere ihre Fäkalien mit deutlich höherer Geschwindigkeit ausscheiden als kleine. Und tatsächlich: Ein Elefant kommt auf sechs Zentimeter Kot pro Sekunde, ein Hund auf etwas mehr als einen Zentimeter. Wir Menschen liegen mit zwei Zentimetern pro Sekunde übrigens dazwischen.
Wie haben Sie das gemessen?
Mithilfe von Videos. Wir haben vor allem Tiere im Zoo von Atlanta beim Entleeren ihres Darms gefilmt und daraus die Dauer des Vorgangs sowie die Länge der Exkremente bestimmt. Außerdem haben wir auch einige einschlägige Youtube-Clips benutzt. Es ist erstaunlich, wie viele Menschen Tiere im Zoo in diesen Momenten filmen und das Material online stellen. Für die Studie haben wir Daten von rund 30 Tierarten ausgewertet, unter anderem von Löwen, Warzenschweinen und Nilpferden.
Wie schaffen es Elefanten, genauso schnell zu sein wie kleine Tiere?
Das haben wir herausgefunden, als wir die Fäkalien der beobachteten Tierarten untersuchten. Dabei ist uns aufgefallen, dass die Exkremente stets von einem Schleimfilm überzogen sind. Der wirkt wie ein Gleitmittel und lässt den Kot aus dem Enddarm flutschen. Je größer das Tier, desto dicker ist dieser Film – und desto besser gleitet die Masse heraus. Damit und mit dem entsprechenden Druck schaffen es Elefanten, ihre Altlasten in Sekundenschnelle loszuwerden. Nach dem Ausscheiden verdunstet der Film übrigens rasch – nach 30 Sekunden ist er verschwunden. Deshalb glänzt frischer Kotmeist und wird dann schnell matt. Übrigens haben wir noch etwas entdeckt: Bislang hieß es, Kot werde allein im Enddarm gelagert. Bei unseren Messungen hat sich herausgestellt, dass die ausgeschiedene Menge da gar nicht hineinpasst. Sie muss also auch im davorliegenden Teil, dem Kolon, lagern.
Durchschnittlich zwölf Sekunden für eine Runde Erleichtern ist kurz. Warum erledigen Tiere das so rasch?
Ich denke, das hat evolutionäre Gründe. Im Augenblick der Darmentleerung kann ein Geschöpf sehr gut von seinen Fressfeinden gerochen werden und ist besonders gefährdet. Deshalb muss es sich beeilen. Außerdem gibt es andere Beschäftigungen, die für die Erhaltung der Art wichtiger sind: Essen, Schlafen und Paaren. Je schneller die Tiere ihr Geschäft erledigen, desto mehr Zeit bleibt ihnen also für die entscheidenden und schöneren Dinge des Lebens.
Hat Ihre Forschung einen praktischen Wert?
Natürlich. Bislang werden Menschen mit Verdauungsbeschwerden beim Arztbesuch nur nach der Konsistenz ihres Stuhls gefragt, den sie anhand einer Skala von eins bis sieben einordnen sollen. Eins steht für hart, sieben für wässrig. In Zukunft könnte man schon vor einem Praxisbesuch die Dauer des Ausscheidens selbst überprüfen. Demnach wäre ein Wert von 10 bis 30 Sekunden okay. Wenn Sie allerdings länger als eine Minute oder weniger als eine Sekunde brauchen, haben Sie ein Problem.
(Interview: Torben Müller)