(Text: Jochen Metzger)
Psychologinnen und Psychologen beschreiben unsere Persönlichkeit meist mithilfe der sogenannten Big Five. Das sind fünf Eigenschaftsbündel, die im Verlauf unseres Lebens relativ stabil bleiben: Wie offen sind wir für neue Erfahrungen? Wie gewissenhaft? Wie extrovertiert? Wie stressanfällig? Der einzige Schönheitsfehler der Methode: Bislang werden die Big Five überwiegend per Fragebogen ermittelt. Wäre es nicht toll, wenn man unsere Persönlichkeit per Scanner aus unserem Gehirn auslesen könnte – so wie einen Barcode etwa auf einer Puddingpackung?
Eine ganze Reihe von Forschungsteams ist diesem Traum derzeit auf der Spur, und die Sache scheint durchaus machbar – zumindest in der Theorie. So weisen zum Beispiel einige Erkenntnisse aus der Emotionsforschung darauf hin, dass vier unserer fünf zentralen Charaktereigenschaften eher von evolutionär alten Hirnschichten unterhalb der Großhirnrinde geprägt sind. Nur unsere Gewissenhaftigkeit – also wie fleißig und ordentlich wird sind – säße demnach in der Hirnrinde. In der Praxis sind solche Persönlichkeitsscans aber nicht nur teuer, sondern auch kompliziert.
Gehirnscanner: Erste Resultate erwiesen sich als wenig belastbar
Mehr als kleine Teilerfolge konnten die Forschenden bislang nicht vermelden. So entdeckte man an der University of Minnesota einen Zusammenhang zwischen Big-Five-Persönlichkeitswerten und der Größe bestimmter Gehirnareale. Und ein Forschungsteam aus China gab kürzlich an, einen statistischen Zusammenhang zwischen unserer emotionalen Stabilität und der Dicke einer bestimmten Gehirnregion hinter unserer Stirn gefunden zu haben.
Gleichwohl: Die Hoffnungen auf einen echten Durchbruch erlebten jüngst einen herben Dämpfer. Eine extrem umfangreiche Studie an der Hebrew University of Jerusalem verglich die Persönlichkeit von 1100 Personen mit ihrer Hirnstruktur. Das Ergebnis war eine Katastrophe: All die möglichen Zusammenhänge, die man zuvor festgestellt hatte, lösten sich in Luft auf. »Es ist vermutlich zu naiv, eine direkte Verbindung zwischen Hirnstruktur und Persönlichkeitseigenschaften zu erwarten«, so das ernüchternde Fazit der Forschenden.