(Text: Kristina Vaillant)
Heute zählen Sprachwissenschaftler 6000 bis 8000 verschiedene Sprachen – je nachdem, wie streng zwischen Dialekt und Sprache unterschieden wird. Die meisten Forscher gehen davon aus, dass diese ungeheure Vielfalt auf eine einzige Ursprungssprache zurückgeht. Erfunden wurde sie vor etwa 200 000 Jahren in Afrika von den gemeinsamen Vorfahren von Homo sapiens und Neandertaler. Über diese Ursprache sind vermutlich auch alle heute gesprochenen Sprachen miteinander verwandt.
Sprachen verändern sich mit der Zeit
Sprachhistoriker stützen sich auf wissenschaftliche Beschreibungen von Sprachen, um herauszufinden, wie diese miteinander in Beziehung stehen. So deuten beispielsweise Ähnlichkeiten bei Bezeichnungen für Körperteile oder für Familienangehörige wie Tochter, Sohn, Onkel oder Tante darauf hin, dass Sprachen miteinander verwandt sind. Denn solche Wörter des Grundwortschatzes bleiben über Jahrtausende erhalten. Auch grammatikalische Elemente wie die Steigerungsformen »gut, besser, am besten« sind ein guter Indikator. Die Wörter klingen auf Englisch (»good, better, best«) oder Niederländisch (»goed, beter, best«) ähnlich, weil alle drei Sprachen innerhalb der indoeuropäischen Sprachfamilie zu den germanischen Sprachen gehören.
Gleichen sich dagegen Wörter, die zum Kulturwortschatz gehören – so wie »Computer« oder »Toaster« –, zeigt das an, dass Wörter durch Kulturkontakte übernommen wurden. Allerdings können Sprachhistoriker Beziehungen zwischen Sprachen höchstens für die letzten 10 000 Jahre rekonstruieren. Denn Sprachen verändern sich mit der Zeit – und je länger dieser Prozess dauert, desto schwieriger ist es festzustellen, ob Ähnlichkeiten auf Verwandtschaft oder Sprachkontakte zurückgehen oder schlicht zufällig sind.
Der Artikel ist in der Ausgabe 05/2021 von P.M. Fragen & Antworten erschienen.