(Text: Christian Haas)
Der einst von Großwildjägern geprägte Begriff der »Big Five«, der »großen fünf«, ist heute vor allem unter friedlichen Besuchern der afrikanischen Savannen geläufig. Mancher Safaritourist ist auf seiner Fotojagd nach Elefant, Löwe, Nashorn, Büffel und Leopard regelrecht enttäuscht, wenn er vor seiner Abreise die »fünf nicht vollmacht«.
Alpen-Safari: Wie man die Wildtiere aus nächster Nähe erlebt
Gämsen lieben steiles, felsiges Gelände
Auch andernorts üben Fünferkonstellationen von Tieren, die aufgrund ihrer Größe, Kraft oder Schönheit zum Symbol ihres jeweiligen Lebensraums wurden, einen starken Reiz auf Tierfans aus. Zu den bekanntesten gehören die »Big Five der Alpen«. Der Beweis: Sie lassen sich massenweise in Souvenirshops, auf Schnapsetiketten oder in Vereinsemblemen finden – und mit etwas Glück und Geschick eben auch in freier Wildbahn. Die Rede ist von Steinbock, Steinadler, Bartgeier, Murmeltier und Gämse. Den beiden Letztgenannten können Bergwanderer sogar vergleichsweise häufig begegnen, die anderen drei aber lassen sich deutlich seltener blicken. Gut also, wenn Experten ihre Horste oder andere Aufenthaltsplätze kennen. So wie Markus Lackner, der als Ranger im Nationalpark Hohe Tauern Kärnten unterwegs ist und behauptet: »Im Zuge einer geführten Wildtierbeobachtung bietet sich bei uns die seltene Gelegenheit, alle Big Five aus nächster Nähe zu erleben.«
Murmeltiere fallen oft durch ihre Warnrufe auf
Das geht entweder bei einer Gruppenführung oder auf einer individuellen Tour mit Guide, Stichwort »Rent a Ranger«. Dennoch schränkt Lackner ein: »Selbst wenn die Chancen für Sichtungen insbesondere in den Morgenstunden gut stehen, gilt: Wildtiere sind keine berechenbaren Haustiere. Daher ist es jedes Mal etwas Einzigartiges, wirklich alle Vertreter in freier Wildbahn zu entdecken.« Neben dem mit 1865 Quadratkilometern größten zusammenhängenden Nationalpark Mitteleuropas werben auch andere Regionen mit den »Alpine Big Five«, darunter die italienischen Seealpen, die österreichischen Naturparks Karwendel, Lechtal und Kaunergrat sowie der einzige Nationalpark der Schweiz. Warum nicht mehr? Knackpunkt sind oft die Bartgeier – vermutlich der Grund, warum manche Big-Five-Liste stattdessen den Alpensalamander nennt. Vom größten Greifvogel der Alpen gibt es zwischen Frankreich und Slowenien gerade einmal rund 220 Exemplare. Und auch das ist ein kleines Wunder, war der Vogel in den Alpen doch bereits ausgerottet, bevor ihm Wiederansiedlungsprojekte zum Comeback verhalfen. Wer indessen den Blick weniger gen Himmel als auf den Bergboden richten will, hält nach den »Big Five der Alpenblumen« Ausschau: Enzian, Frauenschuh, Alpenrose, Arnika und Edelweiß.
Der Artikel ist in der Ausgabe 06/2021 von P.M. Fragen & Antworten erschienen.