Es ist der 16. Juli 1870, ein Samstag. Deutschland macht gerade mobil gegen Frankreich, es wird Krieg geben. In Oldenburg sitzt der Hofbuchhändler August Schwartz an einem Tisch, 33 Jahre ist er alt, und er schreibt eine »Correspondenz-Karte« an seine Schwiegereltern.
Die Postkarte ist etwas ganz Neues, erst ein paar Wochen gibt es sie in Norddeutschland. Und sie wird für die Post ein großer Erfolg sein: Immer mehr Kartengrüße werden die Menschen einander zusenden, 1890 werden sich in Deutschland fast eine Milliarde Postkarten auf die Reise machen. Dass auf der Hälfte davon nicht nur Text zu sehen ist, liegt auch an August Schwartz. Denn auf seiner Karte nach Magdeburg ist passend zu den Tagen der Mobilmachung die Zeichnung eines Artilleristen aufgedruckt. Schwartz will den Verwandten, die gerade auf Reisen sind, damit Mut machen – und verschickt so die erste deutsche Ansichtskarte.
Gerade die Postkarten, mit denen man nicht rechnet, kommen ganz besonders gut an
Es ist nicht seine letzte, denn die Menschen lieben das neue Medium: 1875 druckt er bereits »Bilderpostkarten« mit vorgefertigten Motiven. Überall im Land entstehen neue Formen, »Kunstpostkarten«, Karten mit Porträts der Absender oder »Reclame-Postkarten«. Später wird Schwartz sogar eine Ode auf die »Bilderkarte« dichten: »Den Erdkreis hat sie sich erobert schon, siegreich erfüllt sie ihre Weltmission; schlingt um das Erdenrund ihr Zauberband, völkerverbindend über Meer und Land.« Heute findet sich am Schlossplatz in Oldenburg eine Inschrift zu seinen Ehren.
(Text: Sven Stillich)
Dieser Artikel ist in P.M. Fragen & Antworten 07/2020 erschienen.