(Text: Jenny Niederstadt)
Ob auf Konferenzen, vor Gericht oder bei den Vereinten Nationen: Dolmetscher übersetzen gesprochene Texte in eine andere Sprache – und das spontan. Das unterscheidet sie von Übersetzern: Die bearbeiten vor allem schriftliche Vorlagen. Belegt sind erste Sprachvermittler aus der Antike. Historiker vermuten aber, dass ihre Kunst so alt ist wie die Sprache selbst, also etwa 100 000 Jahre. Schließlich mussten sich benachbarte Sprachräume von jeher miteinander verständigen. Der Begriff »Dolmetscher« jedoch gelangte erst im Mittelalter in unsere Breiten. Denn in Europa nutzten die Machthaber zur Verständigung lange Zeit gemeinsame Verkehrssprachen – etwa Latein oder später Französisch. Bei Gesprächen mit Vertretern außereuropäischer Länder aber, etwa aus dem orientalischen Raum, waren schon damals Sprachkundige hilfreich. Im Türkischen wurden derartige Vermittler »dilmaç« genannt. Im slawischen Raum, wo der osmanische Einfluss im Mittelalter zunahm, wurde daraus »tolmač«.
Dolmetscher sind heute nicht mehr wegzudenken
Über diesen Umweg gelangte der Begriff schließlich ins Mittelhochdeutsche: Hier werden mündliche Übersetzer bereits ab dem 13. Jahrhundert als »tolmetze« oder »tolmetsche« bezeichnet. Im 18. Jahrhundert gründeten sich in Europa erstmals Schulen für die Spontanübersetzung, systematisch ausgebildet werden Dolmetscher aber erst seit dem 20. Jahrhundert. Heute sind ihre Dienste aus der internationalen Diplomatie nicht mehr wegzudenken.
Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.