Wenn die Energiewende glücken soll, muss man sorgsamer mit einem wertvollen Gut umgehen: Wärmeenergie. Aktuell wird in Deutschland die Hälfte der Gesamtenergie für die Wärmeversorgung verbraucht. Wo immer möglich, sollte Wärme aufgefangen und für schlechte Zeiten gespeichert werden. Ist also einmal mehr Wärme vorhanden, als aktuell gebraucht, kann diese gespeichert werden. Gespeichert werden kann zum Beispiel Wasser, das erhitzt wurde und nun in einem gedämmten Behältnis geschützt wird, um keine Wärme mehr zu verlieren. Jedoch kann es sich bei der gespeicherten Wärme beispielsweise auch um ein Nebenprodukt aus der Industrie handeln, sogenannter Abwärme. Diese würde ohne einen Wärmespeicher komplett ungenutzt bleiben.
Wärmespeicher werden zukünftig zudem eine Schnittstelle zwischen der Strom- und Wärmeversorgung bilden. Denn nicht nur Sommerhitze und die Abwärme von Fabriken ließen sich in den Speichern zwischenlagern, auch überschüssiger grüner Strom. In Form von Wärme könnte auch er sinnvoll eingesetzt werden. Im Extremfall ließe sich die Wärme sogar wieder in Strom zurück verwandeln.
Wärmespeicher gibt es in verschiedenen Formen
Bewährt haben sich bislang Salz- und Wasserspeicher, aber Forschende suchen nach weiteren Materialien, die eine hohe Temperatur möglichst lange halten und dabei kostengünstig sind. Denn letztlich entscheidet die Konkurrenzfähigkeit, wie viele Wärmespeicher entstehen werden – ob große zentrale oder kleine in privaten Kellern.
Salz
Flüssigsalz wird schon lange als Wärmespeichermedium im industriellen Maßstab eingesetzt. Etwa in Spanien: Dort fängt im größten europäischen Sonnenkraftwerk „Andasol“ in Granada ein Park aus riesigen Spiegeln die Strahlen der Sonne ein. Sie erhitzen Öl, das anschließend durch das Rohrleitungssystem eines Speichers mit 28500 Tonnen Salz fließt – um in ihnen Wärme für die Nacht zu puffern.
Salz (Bild: Kristalle) kann dreimal mehr Wärme speichern als Wasser und in flüssiger Form bei Temperaturen bis 560° Celsius eingesetzt werden.
In Deutschland werden solche Speicher noch erprobt. In Köln zum Beispiel steht die „Testanlage für Wärmespeicherung in Salzschmelzen“ (Tesis, Bild ganz oben), in der das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) die Technologie von Flüssigsalzspeichern erforscht – mittels 100 Tonnen Salz. Das Spezialsalz wird mit einer Art Tauchsieder auf bis zu 560 Grad Celsius erhitzt und in isolierten Tanks gelagert.
Gestein
Steinspeicher können stillgelegten Kohle- und Gaskraftwerken neues Leben einhauchen. Wie das funktioniert, demonstriert der elektrothermische Energiespeicher „Etes“, den der Windenergieanlagen-Hersteller Siemens Gamesa gemeinsam mit dem Versorger Hamburg Energie und der Technischen Universität Hamburg in der Hansestadt betreibt. Die Anlage ermöglicht es, die zeitweiligen Überschüsse an erneuerbarem Strom aus Windkraftanlagen in Vulkangestein zu lagern.
Eine Widerstandsheizung wandelt elektrische Energie in thermische um, dann pustet ein Gebläse erhitzte Luft in einen 22 Meter langen, elf Meter breiten und elf Meter hohen, mit rund 1000 Tonnen Lavasteinen gefüllten Betonbehälter. Wie mit einem Föhn wird das Gestein auf bis zu 750 Grad Celsius erhitzt. Die Steine werden auf diese Weise binnen 24 Stunden „aufgeladen“.
Foto (C): Siemens Gamesa
„Welcome to the new Stone Age“ („Willkommen in der neuen Steinzeit“) prangt auf der Frontseite des Steinspeichers „Etes“ in Hamburg.
Wird die gespeicherte Energie benötigt, verwandelt die Anlage die vorgehaltene Wärme mithilfe einer Turbine wieder in elektrischen Strom – so, wie dies auch bei einem konventionellen Gas- oder Kohlekraftwerk geschieht.
Das Lavagestein kann Energie wochenlang speichern. Das Material kommt in großen Mengen vor, gilt als günstig und ökologisch unbedenklich. Die Investitionskosten seien niedrig – zumal, wenn alte Meiler genutzt werden.
Kalk
Forschende des DLR um Marc Linder und Matthias Schmidt nutzen die Tatsache, dass sich das Speichermedium in thermochemischen Speichern durch die Wärme in seiner Struktur ändert. Als Speicher nutzen sie Kalziumhydroxid, bekannter als „gelöschter Kalk“, ein in der Bauindustrie häufig verwendeter, günstiger Grundstoff. Ist das Material Wärme von mindestens 450 Grad ausgesetzt, reagiert es zu „gebranntem Kalk“ (Kalziumoxid).
In ihm ist die zugeführte Energie chemisch gebunden. Soll sie als Wärme wieder zurückgewonnen werden, muss dem Kalk lediglich Wasser beigegeben werden, wobei sich der gebrannte Kalk wieder in gelöschten verwandelt. „Der entscheidende Vorteil einer chemischen Reaktion liegt darin, dass man thermische Energie sehr lange verlustfrei speichern kann“, sagt Linder. Ein echter Langzeitspeicher!
Über ein Silo gelangt Kalkpulver in die Maschine. Der Kalk wird dann beim Vorbeilaufen an heißen Edelstahlrohren gebrannt. So entsteht ein Heizmaterial, das sich leicht transportieren lässt.
Sein Material gibt es in großen Mengen: Allein im Kalkwerk Wülfrath fallen zehn Millionen Tonnen pro Jahr an. Mit einer Tonne Kalk (Kosten rund 100 Euro) ließen sich 400 Kilowattstunden Energie speichern. Zehn Tonnen Kalk reichten aus, um ein Einfamilienhaus im Winter mit Wärme zu versorgen, so Schmidt. Privatleute könnten gebrannten Kalk kaufen und ihn bei Bedarf als Heizmittel nutzen.