(Artikel: Vanessa Leitschuh)
Es war 1942 im Iran, als polnische Soldaten ein ungewöhnliches Geschenk erhielten. Einheimische Jungen hatten in den Bergen des Elburs-Gebirges einen verwaisten Bären gefunden. Die Mutter hatten wohl Jäger erschossen. Da sich niemand um das Jungtier kümmern konnte, überließen sie es den Soldaten.
Diese waren Kriegsgefangene, gerade aus sowjetischen Lagern freigelassen, weil die Deutschen den Hitler-Stalin-Pakt gebrochen hatten und die Sowjetunion angriffen. Nun sollten die Freigelassenen an der Seite der Alliierten gegen Deutschland zurückschlagen.
Die Soldaten des 2. polnischen Korps nahmen das Jungtier auf und zogen es mit der Flasche groß. Sie tauften es Wojtek, übersetzt »der fröhliche Krieger«. Es wuchs heran und wurde ein offizielles Mitglied der Einheit. »Korporal Wojtek« erhielt sogar eine Dienstnummer und ein Soldbuch.
In der Schlacht um Monte Cassino zog Wojtek mit in den Kampf
In dem Dokumentarfilm »Wojtek: The Bear that Went to War« erinnern sich Weggefährten an ihn. »Er war freundlich, wusste ein gutes Bier zu schätzen«, erzählt der polnische Soldat Augustyn Karolewski. »Er nahm die Flasche in seine Pranken und trank wie ein normaler Mensch.« Er mochte Süßes und Zigaretten, auch wenn er diese nicht rauchte, sondern auffraß.
Das Tier stärkte die Moral der Truppe und brachte Freude in das entbehrungsreiche Leben der Soldaten. In der Schlacht um Monte Cassino 1944 zog Wojtek sogar mit in den Kampf. Die Soldaten brachten ihm bei, schwere Kisten mit Waffen zu tragen, und so lieferte er seinen Kameraden im Kampf neue Munition. Nach der Schlacht änderte man das Emblem der Kompanie: Es zeigte von nun an einen Bären, der ein Artilleriegeschoss trägt.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verschiffte man Wojtek gemeinsam mit seinen Kameraden nach Schottland in ein Armeelager. Dort fand er mit rund 3000 anderen Soldaten eine erste Zuflucht. Zumindest bis er in den Zoo von Edinburgh gebracht wurde, wo Wojtek bis zu seinem Tod im Jahr 1963 lebte. Noch heute erinnert dort ein Denkmal an den Bären.
Der Artikel ist in der Ausgabe 11/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.