(Text: Astrid Viciano)
Manchmal ist der Bauch von Patienten so stark gedehnt, als hätten sie einen Luftballon verschluckt. Sie klagen meist über Schmerzen, gelegentlich auch über Atemnot, weil sich ihr Darm enorm erweitert hat. Mediziner sprechen dann von einem Megakolon.
Was harmlos klingt, kann für die Betroffenen lebensgefährlich sein. Wenn Darmschlingen nämlich über längere Zeit stark gedehnt sind, werden die Blutgefäße in der Darmwand komprimiert. Dann kann das Blut nicht mehr abfließen und staut sich auf, das Darmgewebe wird in der Folge nicht mehr mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und stirbt ab. »Daher müssen wir bei diesen Patienten schnell handeln«, sagt Silvan Hämmerli von der Fachabteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie am Klinikum Konstanz.
Um rasch helfen zu können, ist es wichtig, die möglichen Ursachen eines Megakolons zu kennen. So kann bei Kindern ein Morbus Hirschsprung zugrunde liegen, eine genetisch bedingte Erkrankung. Bei diesen Patienten fehlen die natürlichen Bewegungen des Organs, die den Darminhalt weitertransportieren. Die dafür nötigen Nervenzellen in der Darmwand sind bei ihnen nicht angelegt. Daher leiden die Betroffenen an starker Verstopfung mit einer massiven Erweiterung des Darms. Etwa eines von 3000 Kindern kommt mit dieser Erkrankung zur Welt, oft müssen sie operiert werden.
Gefährliche VarianteN Eines Megakolons sind selten
Tumore dagegen können schleichend zu einem Darmverschluss und als Folge zu einem Megakolon führen. Und Menschen mit Demenz, die ihren Stuhlgang nicht mehr kontrollieren können, entwickeln manchmal auch einen massiv geblähten Darm. »Bei diesen Patienten müssen wir den erweiterten Darmabschnitt entfernen und einen künstlichen Darmausgang legen, meist aber nur vorübergehend«, sagt Hämmerli.
Selten kommt es zu einer besonders gefährlichen Variante der Erkrankung, dem toxischen Megakolon. Vor allem Patienten mit einer entzündlichen Darmerkrankung leiden daran, etwa einer Colitis ulcerosa. Dann greift die Entzündung auf die Darmwand über und hemmt die Darmbewegungen. Vor allem aber erkranken die Betroffenen an einer Blutvergiftung, bei der verschiedene Organe zu versagen drohen. Wie oft ein toxisches Megakolon vorkommt, ist nicht genau geklärt, eine Studie ergab, dass 7,9 Prozent der Patienten mit Colitis ulcerosa daran erkrankten. Beim toxischen Megakolon müssen Mediziner dann abwägen, ob sie zunächst Antibiotika und Kortisoninfusionen als Therapie verschreiben – oder die Patienten gleich operieren. Bei dem Eingriff müssen die Ärzte dann oft Teile des Darmes entfernen.
Der Artikel ist in der Ausgabe 03/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.