(Text: Jochen Metzger)
Es war schon immer so: Die Leute in der Metropole halten sich für etwas Besseres und blicken hinab auf die Menschen in der »Provinz«. Doch ist das Leben in der Großstadt wirklich besser? Zu dieser Frage sind in den vergangenen Jahren mehrere Studien erschienen. Und das Ergebnis war stets dasselbe: Egal ob in den USA, Kanada oder Neuseeland, in Schweden, Irland, Rumänien oder anderen EU-Ländern – überall sind die Menschen in den Großstädten im Durchschnitt weniger zufrieden mit ihrem Leben. Das ist seltsam. Wir scheinen das Stadtleben für cooler zu halten, aber auf dem Land glücklicher zu sein – zumindest gilt das für die westlichen Industrienationen. Fachleute bezeichnen dieses Phänomen als »rural happiness paradox« – das »Paradox der glücklichen Landbevölkerung«.
Zwei Faktoren lösen das Paradox
Jetzt hat der Soziologe Jens Fyhn Lykke Sørensen von der Süddänischen Universität sich die Sache am Beispiel seiner dänischen Heimat noch einmal genauer angesehen. Warum geht es den Menschen auf dem Land eigentlich besser? Vielleicht weil sie genau dort wohnen, wo sie am liebsten sein wollen? Kann es sein, dass viele nur deshalb in die Stadt ziehen, weil sie dort eben einen Job gefunden haben? Sørensens Daten zeigen das Gegenteil: Wer in der Stadt lebt, hat im Durchschnitt sogar eher das Gefühl, genau am richtigen Ort gelandet zu sein. Daran kann das Glücksparadox also nicht liegen. Auch Einkommen und Bildung liefern keine Erklärung. Zwei andere Faktoren lösen jedoch das Rätsel. Da ist zum einen der soziale Zusammenhalt: Das Gefühl von Solidarität ist auf dem Dorf zwei- bis dreimal so stark wie in der Großstadt. Der zweite Faktor ist laut Sørensens Daten der Zugang zur Natur. Klar: Auf dem Land wohnt man meist näher an Seen, Wäldern und Wiesen. Womöglich atmet man bessere Luft. Fazit: In der Stadt haben wir zwar mehr Möglichkeiten, uns auszuleben. Aber Gemeinschaftsgefühl und Natur sind auf dem Dorf einfach besser. Dort leben deshalb im Schnitt die glücklicheren Menschen.
Der Artikel ist in der Ausgabe 01/2022 von P.M. Schneller Schlau erschienen.