Um einen Gegenstand zu verstecken, ist es hilfreich, wenn er klein oder zumindest unscheinbar ist. Wie aber verbirgt man etwas Riesiges, das sich gut von der Umgebung abhebt, die meiste Zeit eine Dampffahne hinter sich herzieht und wonach sogar Ausschau gehalten wird – ein Kriegsschiff zum Beispiel?
Mit dieser Frage schlugen sich im Ersten Weltkrieg der britische Zoologe John Graham Kerr und der Marinemaler Norman Wilkinson herum. Nie war eine Antwort dringender als 1917, als die U-Boote der Deutschen immer erfolgreicher Jagd machten auf englische Schiffe. Schließlich hatten der Künstler und der Forscher eine ähnliche Idee: Was, wenn man die Schiffe so anmalte, dass die U-Boot-Besatzungen deren Entfernung und Kurs weniger gut einschätzen könnten? Zum Beispiel durch irre Muster aus geometrischen Formen in kontrastierenden Farben? Wenn es schon nicht möglich war, die Flotte zu verbergen, so könnte man die Feinde zumindest verwirren. »Dazzle« war das Stichwort: blenden.
4000 Handels- und 400 Marineschiffe wurden mit Dazzle-Camouflage versehen
Bis Herbst 1917 erhielten 4000 britische Handelsschiffe einen Anstrich, der an ein kubistisches Zebra erinnerte, überdies wurden 400 Marineschiffe mit Dazzle-Camouflage versehen. Ob es wirklich etwas genützt hat, wurde nie abschließend geklärt. Zu viele Faktoren spielten eine Rolle dabei, ob ein Schiff versenkt wurde oder nicht. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Konzept weitaus weniger verfolgt. Aber ganz verschwunden ist es bis heute nicht. Manche Autohersteller nutzen es beispielsweise bei Neuentwicklungen von Modellen. Dazzle-Camouflage trägt dann dazu bei, die genauen Formen von Testwagen – den sogenannten Erlkönigen – vor der Öffentlichkeit zu verbergen.
(Text: Sven Stillich)